Alternativen zum Insektenschutzgesetz

Freiwilliger Insektenschutz statt Gesetze

Neue Verordnungen und Schutzgebiete haben Auswirkungen auf Landwirt Michael Reber

Der Schutz von Insekten ist wichtig. So wichtig, dass sich im Juni 2021 Bundesrat und Bundestag intensiv mit einer Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes – bekannt als „Insektenschutzgesetz“ – und einer erweiterten Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung befassen. Die Beschlüsse in Berlin haben auch Auswirkungen auf die Höfe in der Region. Als Kreistagsabgeordneter und Landwirt kennt Michael Reber beide Seiten: die Politische und die als Bürger mit einem landwirtschaftlichen Betrieb. Immer wieder erlebt er dabei, dass gesetzliche Auflagen verändert werden, ohne auf die tatsächlichen Bedingungen zu achten. Mit Blick auf die aktuellen Gesetzentwürfe plädiert er für Freiwilligkeitsvereinbarungen statt neuen Vorschriften und sieht nicht nur die Landwirte in der Verantwortung.

Michael Reber hat sich auf die Fahne geschrieben, innovative Landwirtschaft zu betreiben. Bodenfruchtbarkeit und Humusaufbau sind wichtige Themen für ihn. „Biodiversität ist nicht nur, was man oberirdisch sieht, sondern auch die Lebewesen im Boden“, sagt er. Mineralischen Dünger und Pflanzenschutzmittel will er nur dann einsetzen, wenn es nicht anders geht. Sein Ziel: mit seiner Arbeit als Landwirt aktiv Verantwortung für die Umwelt übernehmen – und das freiwillig. Dabei geht er auch mal Kompromisse ein. Seine Familie muss vom Erwirtschafteten leben können. Dennoch findet er: „Es muss sich nicht immer alles rechnen.“

Trotz all seiner Bemühungen sieht sich Michael Reber mit den neuen Auflagen weiteren Einschränkungen gegenüber: Das Insektenschutzgesetz sieht unter anderem vor, dass Streuobstwiesen in den Kreis der gesetzlich geschützten Biotope einbezogen werden. Michael Reber hat erst im vergangenen Jahr aus eigenem Antrieb eine Wiese mit 20 Obstbäumen bepflanzt und seine bestehenden Streuobstwiesen damit erweitert. Nun könnte ihn das Insektenschutzgesetz – wenn es in der vorliegenden Form verabschiedet wird – ebenfalls betreffen. Es stellt Streuobstwiesen ab einer gewissen Größe und einem entsprechenden Baumbestand unter besonderen Schutz.


Mit geschützten Gebieten kennt sich der Landwirt aus Gailenkirchen bereits aus. Er bewirtschaftet unter anderem 12 Hektar im so genannten Flora-Fauna-Habitat-Gebiet (FFH-Gebiete). Dies sind Schutzgebiete zum Erhalt gefährdeter Tier- und Pflanzenarten sowie Lebensraumtypen. Die Ausweisung von landwirtschaftlich genutzten Flächen als FFH-Gebiete bedeutet für Landwirte Einschränkungen: Bewirtschaftung, Düngung und das Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln werden stark eingeschränkt. Das hat für Michael Reber und seine Berufskollegen auf diesen Flächen wesentliche Auswirkungen auf die Erträge.

Die Arbeit als Landwirt verbindet Michael Reber eng mit der Natur rund um seinen Hof. So kann er in seinem Alltag beobachten, welche Lebensräume Insekten benötigen und bevorzugen. Etwa ab Mai gibt es auf seinen Feldern Blüten, die den Insekten als Nahrungsquelle dienen. Im Sommer kann man auf seinen Wiesen unter anderem den Wiesenknopf-Ameisenbläuling, eine stark gefährdete Schmetterlingsart, erleben. Im Sinne des Insektenschutzes baut Reber für seine Biogasanlage unter anderem auch die mehrjährige Durchwachsene Silphie an. Während die Pflanze auf seinen Feldern steht, düngt er einmal im Jahr mit Gülle. Es findet keine Bodenbearbeitung statt und auf Pflanzenschutz verzichtet Reber ebenfalls. Ein Paradies für Insekten. Doch im Vergleich zum Anbau von Mais verzichtet der Landwirt auf 30 Prozent Ertrag.


Auf dem Hof von Michael Reber surrt und brummt es an warmen Tagen insbesondere an einem Ort emsig: „Ein Mistlagerplatz ist für Insekten ein wichtiger Lebensraum. Das funktioniert aber nicht mehr, wenn ich die Vorschrift bekomme, eine allseits geschlossene Mistlagerhalle zu bauen“, sagt der engagierte Landwirt frustriert von immer neuen gesetzlichen Vorgaben. Trotz seiner Bemühungen in Sachen Naturschutz ist er sich sicher: „Gegen irgendwas verstoßen wir Landwirte immer.“ 

Anstelle immer neuer Gesetze und Auflagen, sind für den Landwirt aus Gailenkirchen Freiwilligkeitsvereinbarungen eine zukunftsfähige Lösung. „Mit dem Insektenschutz müssen wir jetzt anfangen und nicht erst dann, wenn die neuen Vorschriften wirksam werden.“ Mit Blick auf das Insektenschutzgesetz fordert er zudem: „Wir lernen in den landwirtschaftlichen Schulen heute noch das Gleiche wie vor 30 Jahren. Wir müssen in der Ausbildung endlich was tun und von Anfang an zeigen, welche Alternativen es gibt.“


Insektenschutz sieht Reber jedoch nicht nur als Aufgabe der Landwirte. Auch auf Seite der Nicht-Landwirte fordert er ein Umdenken. „Wir müssen den Verbrauchern erklären, dass die Verpflichtung der Landwirtschaft zum Insektenschutz auch Auswirkungen auf sie hat. Handel und Konsumenten möchten perfektes Obst und Gemüse in den Auslagen sehen. Diese zu produzieren ist ohne Pflanzenschutzmittel kaum möglich.“

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